Ja, es wird wirklich Zeit, daß 2016 zu Ende geht. Dieses Jahr hat gefühlt die Hälfte der Weltelite geraubt, und gefühlt sind nur die Petrys und Höckes incl. Hater, Nazis, besorgte Bürger
übriggeblieben.
Oder?
Das Schlechte und das Gute liegen manchmal dicht zusammen. Hierzu vier persönliche Bemerkungen.
Wir hatten zunächst darüber Scherze gemacht, dann aber festgestellt, daß - mit etwas gutem Willen - Träume realisierbar sein können. Zunächst reiste Ellen aus Puerto Rico an, dann, einen Tag
später, Zia, der aus Lyon eintraf. Ich konnte beiden ein wenig von Deutschland zeigen. Den Süden, diesmal. Und ich hoffe, daß wir das irgendwann mit dem Norden fortsetzen können.
Dabei war gar nicht das touristische Programm entscheidend. Ich fühlte mich Dreiviertel tot vor Aufregung, weil, man kann ja nicht wissen, wie die so sind, oder? Man kennt sich nur virtuell,
out of cyber space, und man weiß ja, daß im Netz jeder Junge mindestens Brad Pitt ist ( ... also, die Version von 1999, Fight Club, mit Sixpack ), und jedes Mädchen Selena Gomez in den
Schatten stellt.
Was soll ich sagen? Wir drei waren besser. Wir waren nämlich gut gelaunt, frei von Skandalen, klug, gefühlvoll und weltgewandt. So etwas wie Fake haben wir nicht nötig. Thank you very much,
Ellen, auch für die Pizza mit dem Epipen in Alarmbereitschaft, merci beaucoup, Zia fürs Herumfahren. Es war eine wundervolle Woche.
Ich wußte nicht, daß es Menschen gibt, die mir so ähnlich sind, daß man sie sozusagen automatisch liebt. So einen habe ich dieses Jahr kennengelernt. Er ist mir sogar noch ähnlicher als ich
selbst, weil er ein Kämpfer ist, nie wirklich zufrieden, stark, unnachgiebig. Aber man kann mit ihm reden, und lachen, und schweigen. Er hat ein mitfühlendes, großes Herz. Und er ist
unglaublich lieb. Ich weiß, Uwe, daß Du das hier liest und abwinkst, ach Quatsch, alles übertrieben. Ha! Das denkst Du! Wer Dich kennt, weiß, daß ich recht habe.
Freunde sind Freunde. Man verliert sie nicht, auch wenn man sich mal ( gottseidank ) vorübergehend aus den Augen verliert. Wir haben einen wichtigen Teil unserer Leben gemeinsam verbracht,
das Studium, nämlich. Naja. Und dann geht jeder in eine andere Stadt, gründet Familie, kämpft mit Berufsorganisationen, Finanzämtern und - am meisten - mit sich selbst. Der Freundeskreis
ändert sich, und man entfernt sich anscheinend ( oder scheinbar? Ich weiß es wirklich nie ... ) immer weiter voneinander, bis plötzlich die Lebenswege sich wieder berühren, bzw., sich
überschneiden. Das durfte ich in diesem Jahr gleich zweimal erleben. Mit Lily und Hassan. Plötzlich sitzen wir uns wieder gegenüber, und es ist, als hätten wir uns vorgestern zuletzt gesehen,
uns über die Physiologie-Vorlesung ausgelassen oder Professor Schwartzkopf, Friede seiner Asche, abgelästert. Wir sind älter geworden - zumindest Hassan und ich. Aber wir sind noch dieselben.
Weißt Du noch, Lily, wie Du und Dein Mann mich damals aufgenommen habt, als ich Depp gekündigt hatte - ohne eine neue Wohnung zu haben? Und Hassan? Der aus Dosenmilch, einem Schokoladenriegel
und tiefgekühltem Rosenkohl eine leckere Mahlzeit zubereiten konnte, und der, wenn bei mir mal wieder Ebbe war, mein Kinoticket und das anschließende Eis im 'Old San Francisco'
finanzierte?
Mit Euch machte ich völlig neue Erfahrungen: Ich durfte ich sein, genau so eben, wie ich war - und wurde trotzdem geliebt. Das hatte es in meinem Leben bis dahin noch nicht gegeben.
Ich möchte hier so viele erwähnen, aber das würde jeden Rahmen sprengen. Mir sind besonders meine neuen, syrischen Freunde wichtig. Samir, Abdalaziz, Mecid, Mohammad, Aseem, Nezar. Ich möchte
Euch, stellvertretend für alle anderen, die ich kennengelernt habe und mit Stolz und Freude meine Freunde nenne, hier erwähnen. Was Ihr hinter Euch habt, hätte ich selbst vermutlich gar nicht
geschafft: Mal eben aus der Heimat zu fliehen, alles, was vertraut war, hinter sich zu lassen, um es gegen eine mehr als ungewisse Zukunft einzutauschen. Es auszuhalten, mißtrauisch beäugt zu
werden, nicht wirklich beliebt zu sein. Sich unter Wert verkaufen zu müssen. Das macht Euch zu den wahren Helden dieses Jahres.
Gefühlt, wie gesagt, war es kein schönes Jahr. Wir haben so viele verloren, und sind dabei, so vieles zu verlieren: Menschlichkeit, Geschichtsbewußtsein, Anstand, Moral.
Davon abgesehen aber findet man, wenn man nachschaut, im eigenen Leben immer wieder glückliche Momente. Deswegen geben wir nicht auf. Und deswegen müssen wir begreifen, daß es sinnlos ist,
darüber zu jammern, das etwas verloren ist. Die Lektion lautet, dankbar zu sein für die, die uns begleitet haben. Und dafür zu kämpfen, daß Menschlichkeit, Geschichtsbewußtsein, Anstand und
Moral uns erhalten bleiben.
Ich wünsche uns allen ein grandioses Neues Jahr 2017!
Yes, it is about time that 2016 is coming to an end. It feels like this year has robbed us naked of half of the worlds' celebrities, and it feels that only right wing politicians including
haters, Nazis, 'anxious citizens' ( as they call themselves in Germany ) remained.
That's true, isn't it?
The bad and the good seem to be neighbours, sometimes. Four personal comments.
We had initially joked about it, but then noticed that dreams could be realized if one really wants to. First, Ellen traveled from Puerto Rico, then, a day later, Zia arrived from Lyon. Thus
I was able show both of them a small slice of Germany. The southern slice, this time. And I hope that soon we can continue with the Northern one.
But in my view, the touristic program was not important at all. In the beginning, I felt three quarters dead. Out of excitement. Because, how can you know how 'they' really are? You met them
only virtually, out of cyberspace, and it is no secret that in the internet each boy is at least Brad Pitt (so the version of 1999, Fight Club, with Sixpack), and every girl at least a
smarter Selena Gomez.
What can I say? We were incredible. We were in a good mood, free from scandals, smart, sensitive and witty. We were high above the need for fake. Thank you very much, Ellen, I loved
having Pizza with an Epipen on stand by, merci beaucoup, Zia, for driving us around. It was a wonderful week.
I did not know that there people exist who are so similar to oneself that one loves them, like, automatically. I got to know one of them this year. He is even more like a better version of
myself, because he is a fighter, never really satisfied, strong, unyielding. But you can talk to him, and laugh, and be silent with him. He has a compassionate, big heart. And he is friendly
to an unbelievable extent. I know, Uwe, that you're reading this and pointing it off, oh nonsense, everything exaggerated. Ha! That's what you think! Anyone who knows you will find that I am
right.
Friends will be friends. You do not lose them, even if they're out of sight, temporarily only, thank God. We have spent an important part of our lives together, studying, especially. Well,
after short everyone moves to different cities, has his own family, fights with professional organizations, tax offices, and most of all, with himself. The circle of friends changes, and you
seem to be worlds apart from one another, until suddenly the life-paths touch again, or, occasionally, overlap. I was allowed to experience this twice. With Lily and Hassan. Suddenly we met
again, and it felt as if we had seen each other only a few days ago at the physiology lecture, or gossiping about Prof. Schwartzkopf, may he rest In peace? We have grown older - at least
Hassan and I did. But we are still the way we were. Do you remember, Lily, how you and your husband took me into your home back then, after stupid me had terminated his appartment without
having a new one? And Hassan? Who could prepare a delicious meal made of canned milk, a chocolate bar and chilled Brussels sprouts, and who, when I was once again on my bottom Deutschmark,
paid for my cinema ticket and the subsequent ice cream at the 'Old San Francisco'?
With you both I experienced something completely new: I was allowed to be, exactly as I was - and was loved for what I was, unconditionally. That had never happened to me before in my life.
Until then.
I would like to mention so many people, but that would get out of hand. For me it seems important to mention my new Syrian friends. Samir, Abdalaziz, Mecid, Mohammad, Aseem, Nezar. I would
like to talk about you here, representative of all the others, whom I have met and proudly and gladly call my friends. What you have been going through, I probably would not have been able to
manage. To escape from home, to leave behind everyone and everything that was familiar, to exchange it for a more than uncertain future. To endure being watched suspiciously, or not
being really popular. To sell oneself below one's value. This lets appear you as this year's true heroes.
It seems that 2016 was not a nice year. We have lost so many, and are about to lose so much: humanity, historical consciousness, decency, morality.
Apart from this, however, one always finds happy moments in one's life. That's why we do not give up. And that is why we must understand that it is pointless to lament about something that is
lost. The lesson is to be grateful to those who have accompanied us. And to fight for humanity, historical consciousness, decency and morality.
A gorgeous New Year 2017 to all of us!