Von fiesen Lurchen und mäßig attraktiven Rothaarigen ( X-Men: Dark Phoenix ) 9.6.19
Ich möchte vorwegschicken, dass ich immer froh bin, wenn ich bei diesen ganzen Superhelden-Filmen aus der Marvel-Schmiede die eine oder andere Figur erkenne, oder wenigstens so etwas wie einen roten Faden einer halbwegs verständlichen Handlung. Die Jungs und Mädels werden ja gern quer durch die Filme gemixt und stehen in immer neuen Kombinationen bereit, die Erde zu retten.
Ich habe nicht alle X-Men-Filme gesehen und mich gewundert, dass der Professor Xavier nicht mehr von Jean-Luc Picard gespielt wird, aber sei es drum. Auch Magneto ist plötzlich jung. Statt von Gandalf wird er plötzlich vom Counselor dargestellt. Aber wir werden ja alle nicht älter! Zu meiner Zeit gab es auch nur einen blauen Mutanten. Jetzt drei. Davon stirbt allerdings die junge Frau aus den Tributen von Panem erstaunlich früh.
Na schön. Worum geht’s? Eine mäßig attraktive Rothaarige fliegt mit ein paar schrägen Leuten in einem Spaceshuttle so entspannt durchs All, und da explodiert was, und strahlt ganz doll. Sie kriegt es ab und erhält damit irgendwie ganz viel Kräfte und Macht, sie weiß bloß nicht genau, worüber. Ich auch nicht. Auf jeden Fall ist sie nun der dunkle Phoenix, wegen des ganzen Feuers, das unablässig aus ihr herausquillt, wenn man sie aufregt. Ganz wie bei Hilke. ( Eine mäßig attraktive Rothaarige, mit der ich mal zur Schule ging. Man sieht sich immer zweimal, im Leben! )
Egal. Von ihren Kumpels, die alle Mutanten sind, findet die Hälfte das ziemlich cool, die andere Hälfte nicht so. Die, die das nicht so cool finden, wollen sie töten. Dazu kommen außerirdische Lurche, die die Gestalt von Menschen annehmen, weil sie natürlich die Erde haben wollen, trotz Trump, Bolsonaro, Erdogan und der AfD.
Der fieseste Lurch schnappt sich den Körper einer coolen Blonden und sieht damit echt heiß aus, ist aber wirklich oberfies und mordet so vor sich hin. Wie im wirklichen Leben. Sie will die Kräfte und Macht von der mäßig attraktiven Rothaarigen, die auch umgehend bereit dazu ist, sich von dem Quatsch zu trennen. Der heiße fiese blonde Lurch ist damit so gut wie unbesiegbar, aber die Rothaarige hat ein bisschen Kraft zurückbehalten, zerquetscht mit dieser ein paar Eisenbahn-Waggons und schafft es, dass keiner sie mehr töten will. Aber der Regisseur lässt sie sicherheitshalber entschwinden, weil sie ja viel zu viel Macht und Kraft hat, und die Erde zerstören könnte.
Ja, und zum Schluss sind alle Mutanten wieder in der Schule, die nach der mäßig attraktiven Rothaarigen benannt wird, weil sie ja nun vermutlich tot ist. Aber diesmal als Lehrer. Und dann ist der Film aus.
Alles klar? Mir auch nicht. Ich kann nicht mal verbindlich versprechen, dass das auch wirklich die Handlung des Films wiedergibt. Das ist das, was bei mir hängenblieb. Neben ganz viel Pyrotechnik, mehr als bei Energie Cottbus. Und Blitzen, und so roten Energiestrahlen, und sich verbiegendem Metall. Muss man das gesehen haben?
Nö. Aber es war doch unterhaltsam. Und wenn man gerade am Kino vorbeikommt, und nichts Besseres zu tun hat - warum nicht? Kintopp, Popcorn, Cola light. Es gibt schlimmere und noch teurere Arten, einen frühen Samstagnachmittag zu verbringen, zum Beispiel im Casino, oder der Notaufnahme einer deutschen Universitätsklinik. Man lernt, sich vor heißen Blonden vorzusehen, wenn sie sich als fiese Lurche entpuppen. Und dass man auch als mäßig attraktive Rothaarige ganz viel Kraft und Macht haben kann. ( Außer vielleicht Hilke. ) So viel, dass man Schulen nach einem benennt.
Und damit ist doch viel gewonnen - oder?
Selbst-Optimierung
( The Fast And The Furious: Hobbs&Shaw, 15.8.2019 )
Erst vor kurzem habe ich die DVD mit dem wunderbaren ‚Faust‘-Film angesehen, mit Gründgens und Quadflieg. ‚Les Enfants du Paradis‘ mit Jean-Louis Barrault oder ‚Hamlet‘ mit Larry Olivier sind Meisterwerke. Ewig gültige Worte, gesprochen von Schauspielern, die ihren Tod durch die Wucht ihrer Kunst weit überlebt haben.
Gestern saß ich also vor einer Leinwand, auf der ein hektisches, neonbuntes Spektakel stattfand, geschnitten wie ein Videoclip, in einer Nebenrolle ein doller McLaren Mercedes, von dem ich gar nicht wusste, wie er aussieht. Der Kritiker von der FAZ hatte mir im Vorfeld verraten, wie ich es zu finden hätte. Ein Nietzsche-Zitat sei nicht in der Lage, einen schlechten Film zu retten. Donnerwetter! Eine hochmütige, kultivierte Bemerkung! Nur: Warum hat er ihn angesehen? Ich kenne alle Filme dieser Serie. Die sind eben so. Und, Überraschung!: Jason Statham, Dwayne Johnson und Idris Elba sind nicht Barrault, Olivier und Gründgens.
Dabei ist der Plot durchaus philosophisch. Es geht um die Rettung der Menschheit durch Optimierung. Das kennt jeder Instagram-Nutzer. Nur, das hier keine Filter über das gelegt werden, dessen man sich schämt, weil's nicht perfekt ist. Nein, das nicht Erhaltenswerte soll durch ein Virus ausgemerzt werden. Johnson und Statham, die privat zauberhafter Vater und origineller Sohn ( von Helen Mirren! )sind, geben sich gern mal heftig auf die Fresse, gewürzt mit teils lustigen, teils zotigen Sprüchen. Aber man merkt, dass sie, wären sie sich auf anderer Ebene begegnet, eher Freunde als Antagonisten sind. Statham hat eine Schwester. Eine coole Blondine, die das Virus in ihrem Körper spazieren führt, gespielt von der heißen Vanessa Kirby. Die muss gerettet werden, vor Virus und Idris Elba, der auf die Seite der bereits Optimierten gehört, ein ‚Black Superman‘, eine Art menschlicher Kampfroboter.
Wer am Ende gewinnt, ist klar. Der Showdown findet auf Samoa, Johnsons Heimat, statt, wo eine klassische Mama ihre zahlreichen muskelbepackten Söhne mit traditionellen Holzspeeren gegen die hochgezüchteten Elektronik-Bionic-Kämpfer in den Kampf schickt. Mein großer Freund Dwayne sagt es, aber man sieht es auch. Herz, Freundschaft, Liebe siegen. Das wäre ja wohl noch schöner. Da! Nimm das, Idris Elba! Obwohl - dieser als Antagonist ist ja auch nicht nur böse. Es geht ihm um die Rettung der Welt. Er glaubt an etwas, das treibt ihn an. Leider wandelt er auf faschistischen Wegen. Weg mit allem Schwachen. Tod dem nicht Optimierten. Am Ende stirbt er selbst, sollen wir glauben ( „... ich wette, da gibt’s ne Fortsetzung!“, sagte der nette Junge vor mir zu seiner Freundin. Denke ich auch! ).
Ja, so ist das, wenn man ins Popcorn-Kino geht. Ausverkauft bis auf den letzten Platz. Heiterkeit. Gute Laune allüberall. Zum Schluß vereinzelt Applaus. In meinem Ohr widerhallte die Stimme von Jean-Louis Barrault als Shakespeares ‚Richard III‘. „... bin ich gewillt, ein Bösewicht zu werden.“ Ja, liebe kulturbeflissene Gemeinde. Das hört sich heute anders an, und sieht anders aus. Wie Idris Elba, eben. Ertragt das, oder geht nicht ins Kino!
Mir hat es viel Spaß gemacht. Lohnt sich. Geht rein!
Von Killern und Klonen ( „Gemini Man“, 13.10.19 )
Ach, liebe Leute - ich war ja schon seit dem ersten Trailer aufgeregt. „Gemini Man“ hatte einen spannenden Plot, fand ich. Will Smith kämpft mit einer jüngeren Version von sich selbst. Und: ( SPOILERALARM! ) kurz vor Ende des Film versuchen Will Smith Senior und Will Smith Junior gemeinschaftlich eine noch jüngere Version auszuschalten, was Gottseidank gelingt.
Der Inhalt ist rasch wiedergegeben. Der Held ( gut ) ist ein Auftragskiller mit hohen ethischen Ansprüchen, dem eine verbitterte, schmallippige Dame vom Geheimdienst ( böse ) und ein zynischer, nicht minder schmallippiger Herr derselben Organisation ( auch böse ) offenbar den angestrebten Ruhestand neiden. Außerdem kennt er Betriebsgeheimnisse, so dass man es dort für besser hält, ihn zu töten.
Diese Kleinigkeit soll ein Will-Smith-Klon ( anfangs böse, dann stetig besser ) erledigen, kriegt es aber irgendwie nicht hin. Eine liebenswürdige junge Frau ( sehr gut, was man daran merkt, dass sie hübsch UND intelligent ist ), auf den Helden angesetzt, erläutert Schmidt, dem Jüngeren, das Schmidt, der Ältere ein netter Mensch ist, und dann haben die beiden sich erstmal auf Verdacht lieb. Die verbitterte Zimtzicke geht in den Urlaub, der Zyniker, der als eine Art Pflegevater für Schmidt Junior fungierte, verliert erst die Nerven, dann das Leben. Und beide Schmidts geben mit der liebenswürdigen jungen Frau eine Art Familie. The End.
Ich fand’s eigentlich ein schönes Spektakel, für einen Sonntagnachmittag. Zugegeben, es war nicht ganz der Film, den ich mir erhofft hatte. Es war einer der amerikanischen Klassiker - der Vater-Sohn-Konflikt. Der Prince von Bel-Air steht zwischen dem netten Auftragskiller und dem zynischen Schmallippigen, der ihn an Sohnes statt aufzog, aber eben mit den falschen, bösen Inhalten konditionierte. Die Frage, Könnte-mir-bitte-mal-eben-jemand-erklären-wer-verdammt-noch-mal-mein-Vater-ist, wabert durch den gesamten Film und klimpert emotionale Tonleitern auf der Klaviatur der Hauptpersonen.
Der Film leidet darunter, dass man keine Sekunde glaubt, dass die Schmidts sich wirklich nach dem Leben trachten. Und die Sichtweise auf den Klon, der bis in die feinsten Verästelungen seiner Seele eine Kopie seines ... ja was denn nun? Vaters? ... ist, aber eben auf jeden Fall ein vollwertiger Mensch, ist vielleicht etwas eindimensional.
Trotzdem mag ich es immer, wenn Menschen, seien sie nun Killer oder Klone, sich ohne erkennbaren Grund plötzlich so richtig ganz doll lieb haben, nicht mehr nur auf Verdacht, und sich mit feuchten Augen umarmen und ganz fest drücken. Die Action- und Verfolgungsszenen sind bunt, es kracht und blitzt und explodiert, und ich habe gelernt, dass man, wird man von einer Horde feindlich gesonnener Kämpfer angegriffen wird, unbedingt die abgefeuerten Schüsse mitzählen muss, damit man weiß, ob man sich schon mal nach einem neuen Magazin umsehen muss. Und dass das mit dem Klonen eigentlich eine feine Sache ist. Ich wäre bereit!